01.05.24

EXPERTENINTERVIEW Emal Fakhri

Dr. Emal Fakhri im Experteninterview: Die Rolle von CK-Werten im Kontext des EMS-Trainings

Möglichst effektiv und mit geringem Zeitaufwand etwas für Fitness und Gesundheit tun – das ist für viele Menschen der Grund, um mit EMS-Technologie zu trainieren. Doch ist das EMS-Training wirklich für jeden geeignet? Oder stimmt es, dass gerade diese Technologie die CK-Werte schnell in die Höhe schießen lässt und dadurch zu Muskelschäden führen kann? In unserem Interview mit Dr. Emal Fakhri klären wir auf, wofür das vielzitierte “CK” eigentlich steht, welche Werte normal sind und worauf man beim EMS-Training achten sollte, damit die eigenen Werte im gesunden Normalbereich bleiben.

myostyle: Hallo Dr. Fakhri, könnten Sie uns bitte erklären, was CK-Werte sind und welche Faktoren diese Werte beeinflussen können, insbesondere im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten?

Dr. Emal Fakhri: CK steht für Creatinkinase, das ist ein Enzym des Muskelstoffwechsels, welches für die Energiebereitstellung in den Zellen verantwortlich ist. Erhöhte CK-Werte können auf eine Muskelschädigung hindeuten.

In der Medizin werden die CK-Werte vor allem dann erhoben, wenn es um die Diagnostik von Herz- und Muskelerkrankungen geht. So zum Beispiel beim Herzinfarkt, wo es auch zum Zerfall von Herzmuskulatur kommt und die Infarktschwere mit der Höhe des CK-Wertes korreliert.

Allerdings können auch sportliche Aktivitäten zur Erhöhung der CK-Werte führen. Das gilt vor allem für Aktivitäten mit starker Beanspruchung der Muskulatur – zum Beispiel im Bodybuilding-Bereich.

myostyle: In welchem Bereich sollten sich die CK-Werte idealerweise bewegen und welche Rolle spielen sie bei der Beurteilung der Muskelgesundheit?

Dr. Emal Fakhri: Bei dieser Frage muss man differenzieren, und zwar nach Geschlecht, Alter und Herkunft*. Gemessen wird stets in Einheiten pro Liter bzw. Units pro Liter (U/L). Der Referenzbereich für Erwachsene liegt bei < 170 U/L für Frauen und < 190 U/L für Männer (Quelle: Laborverbund Dr. Kramer & Kollegen).

Eine milde, asymptomatische CK-Erhöhung muss nicht per se einen Krankheitswert haben. So können beispielsweise bestimmte Medikamente zu einer Erhöhung dieser Werte führen, vor allem Cholesterinsenker, führend dabei die sogenannten Statin-Präparate.

Bei einer auffälligen Erhöhung sollte eine wiederholte Messung nach 48 Stunden ohne jede sportliche Aktivität erfolgen. Wenn wiederholt deutlich erhöhte CK-Werte gemessen werden, empfiehlt sich eine weitere Abklärung hinsichtlich einer möglichen Erkrankung aus dem neuromuskulären Formenkreis.

Es gibt auch Patienten, die CK-Varianten mit hohem Molekulargewicht (sogenannte Makro-CK) aufweisen, was im Labor zu falsch-hohen CK-Werten führt. Heutzutage können diese jedoch durch die meist automatische Mitbestimmung der CK-Untergruppen leicht identifiziert werden.

myostyle: In den Medien wird häufig berichtet, dass die CK-Werte beim EMS-Training sehr schnell in den ungesunden Bereich steigen können. Können Sie erklären, warum das der Fall sein könnte und welche Faktoren dazu beitragen könnten?

Dr. Emal Fakhri: Das EMS-Training gilt als sehr effektiv, weil es in relativ kurzer Zeit eine intensive und zugleich auch großflächige Beanspruchung der Skelettmuskulatur ermöglicht. Ein zu ambitioniertes Workout – ob nun mit EMS oder beim herkömmlichen Krafttraining – kann jedoch zum Übertraining führen, bei dem die CK-Werte auf ein Vielfaches des Normalen steigen.

Den durch die Überanstrengung ausgelösten Zerfall von Muskelfasern mit nachfolgender Freisetzung von Muskelbestandteilen im Blut bezeichnet man in der Medizin als Rhabdomyolyse.

Folgende Faktoren begünstigen das Auftreten einer Rhabdomyolyse:

  • männliches Geschlecht
  • Alter < 10 und > 60 Jahre
  • BMI > 40
  • dauerhafte Einnahme von Medikamenten für Fettstoffwechselstörungen
  • Flüssigkeitsmangel
  • schlechter Fitnesszustand

Ein weiterer Risikofaktor für eine Rhabdomyolyse ist eine schwarzafrikanische Abstammung*.

myostyle: Wie wirkt sich ein extremer Anstieg der CK-Werte extrem auf den Körper aus?

Dr. Emal Fakhri: Ein typisches, jedoch auch sehr unspezifisches Symptom bei erhöhten CK-Werten sind Muskelschmerzen. Eine Rhabdomyolyse bedarf in der Regel eines stationären Klinikaufenthalts. Stark erhöhte CK-Werte können im ungünstigsten Fall zum Nierenversagen führen, wobei bei schwerem Krankheitsverlauf eine (meist vorübergehende) Dialyse notwendig werden kann.

myostyle: Speziell im EMS-Bereich wird oft diskutiert, wie man extreme Anstiege der CK-Werte vermeiden kann. Welche Vorsichtsmaßnahmen oder Empfehlungen können Sie Personen geben, die EMS-Training betreiben und sicherstellen möchten, dass ihre CK-Werte in einem gesunden Bereich bleiben?

Dr. Emal Fakhri: Ein wichtiger Faktor zur Prävention ist sicherlich primär die Identifikation von Risikogruppen. Die Risikofaktoren für eine Rhabdomyolyse hatte ich ja eben schon aufgezählt; diese kann jeder für sich selbst prüfen und je mehr Punkte zutreffen, umso wichtiger ist es, die beeinflussbaren Faktoren – also Überanstrengung und Dehydrierung – zu vermeiden.

Darüber hinaus ist beim EMS-Training ein behutsamer Einstieg mit langsamer Belastungssteigerung essentiell – nicht nur, aber insbesondere für Menschen, die zur Risikogruppe zählen. Ein unsachgemäßer sowie übermäßiger Gebrauch des Trainingsequipments ist grundsätzlich zu vermeiden.

Zudem sollten die Anwender auf Warnsymptome sensibilisiert werden, um ggf. frühzeitig ärztlich vorstellig zu werden. Ein typisches Warnsignal – neben Muskelschmerzen – ist rötlich verfärbter Urin durch ausgeschwemmte Muskelenzyme.

myostyle: Bei einer der vorherigen Fragen hatten Sie die besondere Intensität des EMS-Trainings angesprochen. Welche Art von Trainingsvorbereitung würden Sie hier empfehlen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen, ohne einen übermäßigen Anstieg der CK-Werte zu riskieren?

Dr. Emal Fakhri: Wie auch im konventionellen Fitness- oder Kraftsport, empfehlen sich auch beim EMS-Training leichte Aufwärmeinheiten als Vorbereitung. Zudem sollte stets eine ausreichende Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme gewährleistet sein.

In Anbetracht der intensiven Beanspruchung der Muskulatur sind beim EMS-Training ausreichende Pausen zwischen den einzelnen Trainingseinheiten besonders wichtig. Bei noch bestehendem Muskelkater sollte man von einem erneuten EMS-Training absehen und stattdessen lieber noch einen weiteren Schontag mit leichten Lockerungs- und Dehnungsübungen einlegen.

* Aus wissenschaftlichen Untersuchungen geht hervor, dass Schwarzafrikaner in der Regel höhere CK-Werte als Europäer aufweisen.